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Digitale Aktivierung im Sportsponsoring: Hat die Digitalisierung im Sport überhaupt Platz?

Sport schafft einzigartige emotionale Momente. Wieso also digitalisieren, wenn doch alles gut läuft? Meriton Ceka über digitale Aktivierung im Sponsoring.

Der Sport und das Sponsoring leben von den Emotionen der Zuschauer*Innen vor Ort. Wer selbst Sport betreibt oder mit seinem Lieblingsverein oder Athlet*in mitfiebert, wird sich noch lange an besondere Live-Events erinnern. Diese einzigartige Möglichkeit der Übermittlung von Emotionen ist auch Unternehmen nicht entgangen, die Sportsponsoring als Kommunikationsinstrument vermehrt einsetzen. Die Sponsoring-Ausgaben haben sich von 33,4 Milliarden US-Dollar im Jahr 2011 auf 46,1 Milliarden US-Dollar im Jahr 2019 (ohne Aktivierungsausgaben) erhöht [1]. So hat sich das Sportsponsoring zu einem der effektivsten Marketingvehikel etabliert.

Schaffen wir im Sportsponsoring die Transformation ins Digitale und wollen wir das überhaupt?

Wieso also digitalisieren, wenn doch alles gut läuft? So hat auch der Sport an seine Unverwundbarkeit geglaubt, bis die Covid 19-Pandemie die gesamte Branche stark in Mitleidenschaft gezogen hat. Über Nacht waren Rechtehalter und Sponsoren gezwungen, neue digitale Wege zu finden, um mit den Fans zu kommunizieren und zu interagieren. Es kann somit gesagt werden, dass es keine Frage des Wollens, sondern vielmehr eine Frage des Müssens und damit der Umsetzung ist.

Social Media, Streaming Dienste oder andere digitale Kanäle spielen für Sportfans eine immer wichtigere Rolle, während sie selbst Sport betreiben, Sportinhalte anschauen oder sich mit anderen Fans austauschen. Die Notwendigkeit, Fans auch digital zu aktivieren, ist zu einem Phänomen im Sportsponsoring geworden und erfordert ein operatives und strategisches Management. Folglich ist es von entscheidender Bedeutung zu verstehen, wie Unternehmen die digitale Aktivierung in ihren Sportsponsoring-Aktivitäten nutzen können und wie die digitale Aktivierung gestaltet werden muss. Auf Basis von einer qualitativen empirischen Befragung von 13 Manager*innen aus der Perspektive der Sponsoren, der Rechtehalter und Dritten (digitale Agenturen, Forscher*innen) können folgende Empfehlungen abgegeben werden:

Schaubild digitale Aktivierung Sportsponsoring

Abbildung 1: Digitale Aktivierung im Sportsponsoring (Quelle: Ceka, 2022)

1. Fan Journey verstehen und einheitliches Verständnis von digitaler Aktivierung im Sportsponsoring

Unternehmen verfolgen unterschiedliche Ziele mit Sportsponsoring, wobei diese insbesondere durch die Aktivierung der Sportsponsoringrechte erreicht werden. Der Kauf von Rechten allein reicht nicht aus. Genauso wenig hilft es, lediglich Logos zu platzieren. Unternehmen müssen stattdessen ihre erworbenen Rechte aktivieren. Allerdings ist das Verständnis für Sponsoringaktivierung noch gering, obwohl die Unternehmen es als ungenutztes Potenzial bezeichnen.

Die „digitale Fan Journey“ an einem Spieltag unterscheidet sich stark von der „analogen Fan Journey“. Während die analoge Reise in „vorher, während, nachher“ unterteilt werden kann, umfasst die digitale Reise zusätzlich die „Community“, was für eine erweiterte Reise spricht. Unternehmen können unterschiedliche analoge und digitale Aktivierungsmassnahmen entlang der Fan Journey nutzen. Die Aktivierungsmöglichkeiten sind durch die Digitalisierung noch breiter und vielfältiger geworden. Schliesslich unterscheiden sich auch die Ziele der analogen und digitalen Aktivierungsmöglichkeiten von Unternehmen zu Unternehmen [2]. Bei der digitalen Aktivierung werden vermehrt Verkaufsziele genannt, unter anderem auch aufgrund der besseren Controlling-Möglichkeit.

Aus unseren Forschungsarbeiten können wir schliessen, dass Sponsoren, Rechtehalter, Agenturen und Fans ein unterschiedliches Verständnis von digitaler Aktivierung besitzen. Nicht allen Stakeholdern ist bewusst, wann von digitaler Aktivierung im Sportsponsoring gesprochen wird. So werden teils auch LED-Banner in einem Stadion als digitale Aktivierung angesehen, wobei dies nicht dem eigentlichen Verständnis von Aktivierung entspricht. Für das einheitliche Verständnis von digitaler Aktivierung folgen wir dieser Definition:

Aktivierung umfasst alle Kommunikationsmassnahmen und Aktionen, in denen Fans selbst aktiv werden und interaktiv eingebunden werden, mit dem Ziel, das Engagement, das Involvement, die Einbindung oder die Teilnahme des Sponsoring-Publikums mit dem Sponsor zu fördern. Die digitale Aktivierung nutzt moderne Technologien, digitale Kanäle sowie Plattformen für die Aktivierung der Fans.

2. Richtige Ausgestaltung der digitalen Aktivierung

Die digitale Aktivierung im Sportsponsoring erweist sich für Unternehmen als äusserst komplex und herausfordernd, was das ungenutzte Potenzial in der Praxis erklärt. Die aktive Einbindung der Rezipienten in eine digitale Welt birgt nur dann ihre volle Wirkung, wenn sie richtig ausgeführt wird. Die Folgen einer schlechten Ausführung können sowohl für die Rezipienten als auch für das sponsernde Unternehmen verheerend hinsichtlich des Fan-Engagements, des Fan-Erlebnisses oder der Emotionalität sein.

Etwas vorweg: Eine All-in-One-Solution gibt es schlicht nicht. Es gibt aber einige Erfolgsfaktoren für die Aktivierung von digitalen Sponsorings, die in 5 Kategorien zusammengefasst werden können:

(1) Zusammenarbeit zwischen Sponsor und Rechtehalter sowie weiteren Stakeholdern

(2) Zielsetzung und Zielgruppe kennen mittels Datenmanagement

(3) Echten Mehrwert bieten

(4) Wahl der richtigen Technologie

(5) No-Line-Aktivierung

(1) Die Basis einer erfolgreichen digitalen Aktivierung ist die gute Zusammenarbeit zwischen Rechtehaltern und Sponsoren. Aber nicht nur: Auch die Zusammenarbeit mit allen weiteren Akteuren wie Agenturen oder den Medien ist wichtig. Oftmals wird heutzutage der Netzwerkgedanke vernachlässigt. Digitale Aktivierung sollte deswegen sponsoren- und vereinsübergreifend stattfinden. Darüber hinaus sollten Rechtehalter und Unternehmen als Medien agieren. Vereine und Unternehmen verfügen teils über mehr Abonnenten in ihren Social-Media-Kanälen als grosse Medienhäuser. Als gutes Beispiel kann hier der FC Bayern München genannt werden, der mit allen Sponsoren und deren digitalen Agenturen in Form einer richtigen Netzwerk-Partnerschaft eng zusammenarbeitet [3].

(2) Die digitale Aktivierung verlangt datenbasierte Ausgestaltungen der Aktivierungskampagnen, beginnend bei der Zielsetzung und Zielgruppe. Die Fans und deren Bedürfnisse müssen basierend auf Daten besser kennengelernt werden. Zielgruppenorientierte Kommunikation steigert die Interaction- und Conversion-Rate mit den Fans. In Best-Practice-Manier unterstützt SAP all ihre Partner mit der nötigen Dateninfrastruktur, wobei sie auch Daten in Echtzeit für Fans zur Verfügung stellen [4].

(3) Basierend auf einer guten Zusammenarbeit und dem Kennen der Fans kann eine Aktivierungskampagne konzipiert werden. Zentral dabei ist, den Fans einen echten Mehrwert zu bieten. Sponsoren müssen in Lösungen denken und der Kreativität freien Lauf lassen. In einer digitalen Aktivierung müssen Fans aktiv integriert werden, denn Teilhabe schafft Mehrwert. Die Aktivierungskampagne muss zudem authentisch sein und mit den eigentlichen Angeboten und Services der Marke übereinstimmen. Wir sprechen hier vom Fit der digitalen Aktivierungskampagne mit der Marke und den Angeboten des Sponsors. Zwar verspüren Fans eine grosse Akzeptanz gegenüber Sponsoren, aber der Kommerzialisierungsgedanke einer Aktivierungskampagne darf nicht im Vordergrund stehen. Insbesondere bei digitalen Aktivierungen kann diese Problematik in der Praxis erkannt werden, wenn Sponsoren fast ausschliesslich auf Sales aus sind. Unternehmen resp. Sponsoren wie Red Bull, Adidas, Nike oder Coca-Cola engagieren sich stark im Sportsponsoring und zählen zu den Best Practice Beispielen der digitalen Aktivierung und der Schaffung von echtem Mehrwert für Fans.

(4) Wenn klar ist, welche Lösung den Fans geboten werden soll, muss die richtige Technologie gefunden werden. Selbstverständlich haben Social-Media-Kanäle heute eine hohe Bedeutung, doch auch hier sollten Sponsoren stets überprüfen, welche Kanäle aktuell relevant sind. Genauso wichtig ist die Anpassung der Aktivierungskampagne auf den Kanal und die Integration der Kanäle. Einfaches Copy-Pasten von einem Social-Media-Kanal auf einen anderen sollte daher vermieden werden. Bei moderneren Technologien wie Virtual Reality, Augmented Reality, Hologrammen, Blockchain oder dem Metaverse ist Vorsicht geboten. Dennoch empfiehlt es sich, diese Technologien stark im Auge zu behalten und etwas damit zu experimentieren. Oftmals denken Sponsoren, dass die Anwendung solcher Technologien ein Vermögen kostet. In der Realität ist die Nutzung jedoch auch mit kleineren Investitionen möglich. Eine Evaluation lohnt sich also in jedem Fall.

(5) Die steigende Bedeutung der digitalen Aktivierung bedeutet nicht, dass Sponsoren nun die Offline-Aktivierung vernachlässigen dürfen. Analog und digital sind keine Gegenspieler, sondern „spielen in derselben Mannschaft“. Die Königsdisziplin liegt in der Verknüpfung der Online- und Offline Aktivierung, auch wenn dies eine der schwierigsten Aufgaben für Sponsoren ist. Es gilt, die Besucher*Innen auch nach einer Teilnahme an einem Sportevent mittels digitaler Aktivierung (Hashtags in Sozialen Medien, Apps etc.) zu binden. Als gutes Beispiel kann hierfür die Fotoaktion vom 1. FC Köln und Rewe genannt werden, bei der die Fans ein Selfie hochladen können und mit etwas Glück beim nächsten Heimspiel auf der Stadionbande aufgeschaltet werden [5].

3. Richtige Aktivierungsstrategie wählen

Neben einzelnen Aktivierungsaktivitäten und unterschiedlichen Zielsetzungen verfolgen Unternehmen auch klare Aktivierungsstrategien, um übergeordnete Ziele der Marketingkommunikation zu erreichen. Obwohl die Bedeutung der Integration dieser Ziele in Forschung und Praxis bekannt ist, gibt es keine Typologien oder Taxonomien, die sowohl die Form der Aktivierung als auch die Ziele der Aktivierung integrieren. Ersteres befasst sich mit der Diskussion von analogen und digitalen Aktivierungsformen, letzteres mit Zielen wie Marken- oder Absatzorientierung.  Welche (digitalen) Aktivierungsstrategien existieren und welche Strategie in welcher Situation die richtige ist, möchten wir erforschen und aufgrund dessen Empfehlungen für die gesamte Sportbranche ausformulieren.

Das Potenzial des Sportsponsorings wurde durch die digitalen Möglichkeiten massgeblich erweitert. Schaffen es Unternehmen resp. Sponsoren neue Technologien, digitale Kanäle und Plattformen richtig einzusetzen, um neue Strategien im Bereich Fan-Engagement oder Fan-Erlebnis zu entwickeln, die es zu Zeiten ausschliesslich analoger Aktivierung nicht gab, werden sie sich im Markt differenzieren und nachhaltige Wettbewerbsvorteile erzielen. Um die eingehend provokative Frage abschliessend zu beantworten: Ja, die Digitalisierung hat Platz im Sport und wir wollen das auch!

Bleiben Sie gespannt oder werden Sie aktiv und melden Sie sich für ein Experteninterview direkt bei mir. Wenn Sie interessiert an den Studienergebnissen sind, füllen Sie bitte das untenstehende Formular aus.

[1] McDonald, J., & Clapp, R. (2020). Global Ad Trends: Sports Sponsorship Investment. WARC. Abgerufen unter https://www.warc.com/content/article/warc-data/global-ad-trends-sports-sponsorship-investment/en-GB/131033

[2] Ceka, M. (2022). Digital Activation in Sports Sponsorship [Research Proposal]. University of St.Gallen.

[3] Bayern München (2022). Abgerufen unter https://fcbayern.com/de/club/partner

[4] SAP (2022). Abgerufen unter https://www.sap.com/swiss/about/company/global-sponsorships.html

[5] Gundelach, J. (2020, Mai, 26). REWE bringt Fans auf virtuellen Banden. W&V. Abgerufen unter https://www.wuv.de/Exklusiv/Specials/Sportmarketing-Summit-2020/REWE-bringt-Fans-auf-virtuelle-Banden

 

Meriton Ceka Universität St.Gallen HSG
Meriton Ceka
Wissenschaftlicher Mitarbeiter & Doktorand