Die grossen Erwartungen an das Metaverse haben sich vorerst nicht erfüllt. Unser reales Leben lässt sich doch nicht so schnell, wie unlängst von Mark Zuckerberg prophezeit, von virtuellen Realitäten mit 3D-Brillen verdrängen. Deshalb konzentriert sich die Metaverse- Diskussion heute viel stärker auf AR (Augmented Reality) und damit die erweiterte Realität. In dieser «Vorversion» virtueller Welten erkennen Expertinnen und Experten enorme wirtschaftlichen Chancen. Diese kündigen die hohen Nutzerzahlen von AR-Anwendungen auf 2D-Geräten an. Nach einer Befragung des Beratungsunternehmens Metaversed in den USA verbrachten Ende 2023 rund 600 Millionen Menschen weltweit Zeit auf immersiven Spielewelten wie Roblox, Fortnite oder Minecraft. Dabei nutzen sie überwiegend 2D-Geräte wie PCs, Laptops oder Smartphones. Aber nicht nur beim Spielen drängt sich dieser Vorläufer virtueller Welten in unser Leben. Schon heute nutzen wir AR-Anwendungen millionenfach. So stellen wir das Bücherregal von Ikea oder die Tischlampe von Amazon mithilfe unseres Smartphones in unser Wohnzimmer. Unterstützt durch KI, ChatGPT und vielen anderen Technologien, eröffnet das Metaverse in 2D schon heute Unternehmen die Möglichkeit, Marken-, Produkt- und Serviceerlebnisse immersiver und damit erlebnisreicher zu gestalten. Mit dem gerade aufkommenden Metaverse entwickelt sich ein neuer Marketing- und Distributionskanal. Das Marketing erhält viele neue Möglichkeiten, um Kundinnen und Kunden nicht nur zufriedenzustellen, sondern auch zu begeistern und noch besser zu inspirieren. Diese Ausgabe der Marketing Review St. Gallen soll aufzeigen, wohin die Metaverse-Reise führen kann. Diese Reise dauert wahrscheinlich länger als gedacht, kommt anders daher als vermutet, bewirkt aber wie das Internet einen Paradigmenwechsel in unserer Disziplin.
Prof. Dr. Thomas Rudolph